
Viele Eltern mit Behinderung benötigen bei der Versorgung ihrer Kinder zeitweise oder dauerhaft Unterstützung. Die Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL) NRW setzen sich für die Etablierung von Unterstützungsangeboten für Eltern mit Behinderung wie Elternassistenz und Begleitete Elternschaft ein. Beispielsweise informieren sie Leistungsträger und -anbieter sowie Beratungsstellen.
In jedem Regierungsbezirk von Nordrhein-Westfalen laden die KSL.NRW zu Fachtagen ein. Am 16. September 2025 fand ein Fachtag zum Thema „Eltern mit Behinderung und Eltern mit psychischer Beeinträchtigung im Kontext der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe“ im Rahmen der Ausstellung „Echt mein Recht“ im VHS-Forum im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln statt.
Zahlreiche Mitarbeiter*innen von Jugendämtern aus dem Regierungsbezirk Köln, darunter auch Mitarbeiter*innen der Frühen Hilfen, Verfahrenslots*innen und Mitarbeiter*innen von Beratungsstellen folgten der Einladung. Ira Vogt vom KSL.Köln und Iris Colsman vom KSL.Düsseldorf, moderierten die Veranstaltung.
Teilhabe in einer Gemeinschaft
„Was brauchen Eltern mit Behinderung für die gesellschaftliche Teilhabe? Welche Unterstützung gibt es?“ fragte Christiane Rischer vom KSL.Arnsberg und selbst Mutter mit Behinderung in ihrer Einführung in das Thema. Teilhabe bedeute „Einbezogen sein in die Lebenssituation einer Gemeinschaft“. Doch Teilhabe sei insbesondere für Eltern mit Behinderung oftmals mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Daher sei es neben den Maßnahmen zur individuellen Unterstützung auch notwendig, Hinweise auf die Barrierefreiheit bei Veranstaltungen (Eltern-Kind-Angebote) und die Möglichkeit der Kontaktaufnahme vorzuhalten, betonte die Peer-Referentin. Insbesondere bei Hilfsmitteln seien Kreativität und Einfallsreichtum – abgestimmt auf die individuelle Situation – gefragt.
Rechtliche Grundlagen
Doch auf welche Leistungen haben Eltern mit Behinderung einen rechtlichen Anspruch und wie werden Bedarfe ermittelt? Ulrike Häcker, Sozialjuristin vom KSL.Detmold, erläuterte rechtliche Grundlagen, die für Unterstützungsmöglichkeiten für Eltern mit Behinderung eine zentrale Rolle spielen. Sie stellte Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe vor, und erklärte, wie die Bedarfsermittlung für Elternassistenz im Rahmen der Eingliederungshilfe erfolgt. Schließlich griff sie das Thema Beratung und Information als grundsätzlichen Schlüssel zur Leistungsinanspruchnahme auf.
Persönliche Erfahrungen
Praktisch, aber auch sehr persönlich wurde es im weiteren Verlauf der Veranstaltung. Katja Fellenberg, Mitarbeiterin beim KSL.Düsseldorf, schilderte ihre eigenen Erfahrungen als Mutter mit motorischen Behinderungen. Von der Schwangerschaft/Geburt über das Baby-/Kleinkindalter bis hin zum Kindesalter berichtete sie von Herausforderungen und Wünschen aus persönlicher Sicht. Beispielsweise mangele es an Barrierefreiheit an wohnortnahen (Grund-)schulen, sodass die Teilhabe als Mutter mit Behinderung am Alltag des Sohnes nicht ohne Weiteres möglich sei.
Zum Thema Elternassistenz für Menschen mit Sinnesbehinderung referierte Melanie Wegerhoff von Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben für Menschen mit Sinnesbehinderungen (KSL.MSi.NRW). Sie gab Hintergrundinformationen zu Sinnesbehinderungen und erläuterte unterschiedliche Assistenzformen und ihre Einsatzgebiete – beispielsweise die Taubblindenassistenz. Dabei ließ sie auch viele persönliche Erfahrungen als taubblinde Mutter mit einfließen.
Berichte aus Interviews
Einblicke in die Situation von Eltern mit psychischen Beeinträchtigungen gab Ulrike Häcker. Dazu berichtete sie aus Interviews, die das KSL.Detmold mit Eltern/Elternteilen mit psychischer Beeinträchtigung geführt hatte. Insgesamt hatten die interviewten Personen ein großes Mitteilungsbedürfnis und eine Vielfalt an Bedarfen – beispielsweise passende Betreuungsmöglichkeiten, Fahrdienste oder aufsuchende Unterstützung.
Elternassistenz in der Praxis
Sarah Fromm von der Diakonie Michaelshoven stellte ein Angebot der Begleiteten Elternschaft für Eltern mit kognitiven Beeinträchtigungen in Köln vor. Die Diakonie unterstütze dabei, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie begleite bereits ab der Schwangerschaft, damit angehende Eltern mit kognitiven Beeinträchtigungen sich gut auf die neue Elternrolle vorbereiten könnten. In einer Wohngruppe stünden acht Plätze für Mütter oder Väter zur Verfügung, die Nachfrage sei allerdings um ein Vielfaches höher, betonte die Referentin. Die Diakonie Michaelshoven biete zudem ambulante Leistungen an.
Hoher Informationsbedarf
Insgesamt wurde deutlich, dass der Informationsbedarf seitens der Teilnehmer*innen sehr hoch war. Sie zeigten insbesondere an der juristischen und praktischen Umsetzung der Elternassistenz und an den Unterstützungsmöglichkeiten von Eltern mit psychischen Beeinträchtigungen großes Interesse. Eine abschließende Podiumsdiskussion zu Erfahrungen und Wünsche für die Zukunft und die Umsetzung im kommunalen Jugendhilfe- und Eingliederungshilfesystem rundete den gelungenen Fachtag ab.

Diskussionsrunde: Iris Colsman vom KSL.Düsseldorf (links), Ira Vogt vom KSL.Köln (Mitte) und Mirjam Tomse, Behindertenbeauftragte der Stadt Köln (rechts)
Ausstellung und weiterer Fachtag
Die Wanderausstellung „Echt mein Recht“ ist noch bis zum 27. September 2025 im Bürgerzentrum in Köln-Ehrenfeld, Venloer Straße 429, zu sehen. Weitere Infos: https://echt-mein-recht-koeln.de
Der nächste Fachtag der KSL.NRW zum Thema Eltern mit Behinderung findet am 28. Oktober 2025 in Düsseldorf statt. Weitere Infos
(Startbild: Impression vom Fachtag; auf der Bühne: Ira Vogt vom KSL.Köln (links) und Katja Fellenberg vom KSL.Düsseldorf (rechts))