Zwölf Jahre ist die UN-Behindertenrechtskonvention nun in Deutschland in Kraft und seit 12 Monaten zwingt der Corona-Lockdown die Mehrheitsgesellschaft (nicht nur) in Deutschland in einen Behinderten-Alltag: Nichts ist barrierefrei zugänglich – weder Geschäfte noch Gaststätten, weder Ämtern noch Museen, weder Hochschulen noch Arbeitsplätze können unbeschwert, ohne Voranmeldung oder Hilfsmittel aufgesucht werden. Partys, Festivals, Theater und Kinos, Sportveranstaltungen sind „No-Goes“. Selbst alternative virtuelle Treffen eröffnen nicht auf Anhieb und ohne gute Vorbereitung die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Unbeschwertes Treffen mit Freund*innen gibt es nicht.
Barrieren und Isolation bestimmen seit 12 Monaten unseren Alltag und die Rufe nach Grund- und Menschenrechten werden lauter – Rufe nach dem Schutz der Freiheit im Alltag, Rufe nach Wiederherstellung verlorener Bewegungsfreiheit.
„Diese kollektive Barriere- und Isolationserfahrung ist eigentlich eine hinreichende Grundlage, um im Parlament eine Mehrheit für ein gutes Barrierefreiheitsrecht zu finden“, erklärt Prof. Dr. Theresia Degener, Leiterin des Bochumer Zentrums für Disability Studies (BODYS). „Das rechtliche Fundament dafür wurde von den Vereinten Nationen mit der UN-BRK 2006 und von der Europäischen Union mit dem European Accessibility Act (EEA - Europäischer Rechtsakt zur Barrierefreiheit) gelegt. Leider wird auf diesem guten Fundament nicht gut gebaut, denn Deutschland will mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nur die absoluten Mindestanforderungen des EAA umsetzen. Ein breites Bündnis von Behindertenorganisationen hat nun eine Kampagne für ein gutes Barrierefreiheitsrecht gestartet, mit dem die Abgeordneten des Bundestages nun täglich daran erinnert werden, wie viele Tage ihnen in dieser Legislaturperiode noch verbleiben dieses Ziel zu erreichen: Heute sind es noch 91 Tage.“